Kleiner Junge schießt mit Steinschleuder im Wald

Kinder und Deliktunfähigkeit – Müssen die Eltern trotzdem zahlen?

letzte Aktualisierung: Mai 2025

Kinder machen Unfug. Doch was passiert, wenn ein Kind einen größeren Schaden verursacht hat? Müssen die Eltern zahlen? Und ab welchem Alter kann ein Kind für sein Handeln überhaupt verantwortlich gemacht werden? Wir geben einen Überblick über die aktuelle Gesetzeslage, Bestimmungen zur Aufsichtspflicht und die Regel der Deliktunfähigkeit.

Bürgerliches Gesetzbuch: Fürsorge vs. Selbstständigkeit

Gemäß der UN-Konvention besitzt jedes Kind das Recht auf die elterliche Fürsorge. Doch die Fürsorgepflicht der Eltern bedeutet nicht, dass Kindern die Eigenständigkeit genommen werden darf. Im Gegenteil: Neben der Pflicht, die Kinder zu pflegen und zu beaufsichtigen, haben Eltern ebenfalls die Aufgabe, ihre Kinder zu selbstständigem und eigenverantwortlichem Handeln zu erziehen. So steht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB, § 1626):

„Bei der Pflege und Erziehung berücksichtigen die Eltern die wachsende Fähigkeit und das wachsende Bedürfnis des Kindes zu selbständigem verantwortungsbewusstem Handeln.“ 

Aber was heißt das nun genau? Kontrolle oder Loslassen? Aufsichtspflicht oder Selbstständigkeit? Und wer haftet im Schadensfall?

Ab welchem Alter ist ein Kind deliktfähig?

Wenn ein Kind z. B. eine Fensterscheibe mit einem Stein beschädigt, stellt sich zunächst die Frage: Ist es überhaupt haftbar?

Die sogenannte Deliktfähigkeit regelt, ob jemand für sein Verhalten rechtlich zur Verantwortung gezogen werden kann. Sie hängt vom Alter und der Einsichtsfähigkeit ab:

  • Kinder unter 7 Jahren: Grundsätzlich nicht deliktfähig. Eine Haftung ist ausgeschlossen.
  • Kinder zwischen 7 und 18 Jahren: Bedingt deliktfähig, wenn sie die nötige Einsichtsfähigkeit besitzen, also das Unrecht ihrer Handlung erkennen konnten.
  • Kinder im Straßenverkehr (7–9 Jahre): Sie haften nur bei vorsätzlichem Verhalten. Hintergrund ist, dass Kinder in diesem Alter Gefahren im Straßenverkehr oft noch nicht richtig einschätzen können.

Eltern haften für ihre Kinder. Oder nicht?

Der Spruch „Eltern haften für ihre Kinder“ gilt nicht uneingeschränkt. Eltern haften nur, wenn ihnen eine Verletzung ihrer Aufsichtspflicht nachgewiesen werden kann.

Ob eine solche Pflichtverletzung vorliegt, hängt ab von:

  • Alter und Reifegrad des Kindes
  • Vorhersehbarkeit der Situation
  • Zumutbarkeit der Aufsicht
  • Der konkreten Gefahrensituation

Besonders bei kleinen Kindern gelten strengere Anforderungen an die Aufsichtspflicht.

Welche gesetzlichen Regelungen gibt es zur Aufsichtspflicht?

Aufsichtsbedürftig sind grundsätzlich Minderjährige sowie geistig behinderte oder verwirrte Personen. Die Aufsichtspflicht haben im Falle von Minderjährigen die Eltern bzw. Erziehungsberechtigten. Aber auch andere, aufgrund des Gesetzes oder per Vertrag, dafür bestimmte Personen wie beispielsweise Lehrer:innen, Erzieher:innen, Pflegepersonal oder auch Babysitter haben eine Aufsichtspflicht. Ziel ist es, die zu beaufsichtigende Person von Schäden an sich selbst sowie gegenüber Dritten abzuhalten.

Wer haftet für Kinder, die zu Besuch sind?

Wird ein Kind von den Eltern einer anderen Betreuungsperson übergeben – z. B. bei einer Kinderparty –, geht die Aufsichtspflicht ebenfalls über. Das heißt: Die Gastgeber tragen die Verantwortung für die Kinder, solange diese bei ihnen sind. Deshalb gilt: Bei Gruppenaktivitäten mit mehreren Kindern unbedingt auf ausreichende Betreuung achten – im Zweifel lieber eine weitere Aufsichtsperson einplanen.


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Wie lange darf man ein Kind ohne Aufsicht lassen?

  1. Babys (0-3 Jahre) Auch wenn die Dauer der Aufsicht nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, sollten Kinder unter drei Jahren zu jedem Zeitpunkt im Auge behalten werden. Da insbesondere Kleinkinder in ihrem Handeln nicht vorausschauend agieren, ist besondere Vorsicht geboten.
  1. Kleinkinder (4-7 Jahre) Ab dem vierten Lebensjahr ist es je nach Grad der Selbstständigkeit des Kindes in Ordnung, das Kind 15 bis maximal 30 Minuten alleine zuhause zu lassen. Achten Sie jedoch darauf, dass mögliche Gefahrenquellen vom Aufenthaltsort des Kindes entfernt wurden. Außerhalb der eignen Wohnung sollten jedoch auch Kinder zwischen vier und sieben Jahren nicht alleine gelassen werden. Bleiben Sie in Sicht- und Rufweite, damit das Kind beispielsweise auf dem Spielplatz selbstständig klettern und dennoch in schwierigen Situationen den elterlichen Rückhalt nutzen kann.
  1. Schulkinder Ab dem siebten Lebensjahr ist es gut, Kindern mehr Freiraum zum eigenständigen Handeln zu geben. Deshalb können Eltern Kinder in diesem Alter für bis zu zwei Stunden unbeaufsichtigt in der Wohnung lassen. Zudem ist es in diesem Alter den Kindern auch zumutbar eigenständig zur Schule zu gehen.
  1. Angehende Teenager Jugendliche unter 14 Jahren bedürfen zwar einer elterlichen Aufsicht, können aber je nach Eigenständigkeit auch längere Zeit alleine zu Hause gelassen werden. Es ist ihnen sogar zumutbar, auch eine Nacht alleine zu Hause zu schlafen, wenn sie sich das zutrauen.

Schadensverursacher Kind: Schuld oder keine Schuld?

Diverse Gerichtsurteile in Deutschland haben gezeigt, dass jeder Schadenfall, bei dem ein Kind der Verursacher war, einzeln geprüft werden muss. Denn neben dem Alter entscheidet häufig auch die Reife des Kindes über die Schuldzuschreibung. Hinzu kommt die Frage, ob die Aufsichtsperson ihre Pflichten verletzt hat.

Fall 1: Kinder im Straßenverkehr

Ein 7-Jähriges Kind hatte sich im Großraum Frankfurt a. Main auf dem Schulweg dem Straßenrand genähert. Plötzlich tritt es auf die Straße. Ein mit rund 50 km/h heranfahrender PKW erfasst das Kind und verletzt es. Das Kind wurde in diesem Fall nicht als Schadensverursacher gesehen. Denn der PKW-Fahrer hatte das Kind am Straßenrand gesehen, was ihn zum langsamen Fahren hätte bewegen müssen. Für den Schaden muss der Fahrer des Wagens aufkommen (OLG Frankfurt, DAR 2001, 217).

Fall 2: Brand und Feuer

In der Nähe von Koblenz hatte ein neunjähriger Junge einen Strohhalm angezündet und mit dem überschlagenden Funken einen Schuppen in Brand gesetzt. Der Schaden belief sich inklusive dem Feuerwehreinsatz auf rund 20.000 Euro. Das Verwaltungsgericht verurteilte den Neunjährigen zur Übernahme der Kosten, da dieser einem Gutachten nach die Einsichtsfähigkeit besaß und die Gefährlichkeit seines Handelns erkennen hätte müssen (VerwG Koblenz vom 24.03.2004, 2 K 2208/03).

Fall 3: Fahrradunfall

Eine Fünfjährige hatte trotz vorheriger Übung die Kontrolle über ihr Fahrrad verloren. Unter den Augen der Mutter stürzt sie in ein parkendes Auto. Der dadurch entstandene Kratzer am Auto des Nachbarn bleibt entschädigungslos. Das Gericht sah die Fünfjährige und ihre Eltern nicht in der Haftung. Denn die Eltern hätten selbst nicht reagieren können und dem Kind sei das Erlernen des eigenständigen Fahrradfahrens zuzubilligen. Deshalb haben auch die Eltern die Aufsichtspflicht hier nicht verletzt (LG Düsseldorf, VersR 1994, 484/LG Nürnberg-Fürth, 2 S 5891/94).

Elterliche Fürsorge und kindliche Selbstständigkeit schließen sich nicht aus – sie gehören zusammen. Eltern haben die Aufgabe, ihrem Kind schrittweise mehr Verantwortung zuzutrauen, ohne die notwendige Aufsicht zu vernachlässigen. Im Falle eines Schadens ist eine individuelle Bewertung entscheidend. Das Gesetz erkennt an, dass Kinder nicht nur Fehler machen dürfen – sondern dies für ihre Entwicklung sogar notwendig ist.

Im Schadensfall lieber abgesichert?

Auch wenn die Urteile zeigen, dass Kinder und Eltern in vielen Fällen nicht für die Schäden aufkommen müssen, haben sie vor allem eins gekostet: Zeit und Anwaltskosten. Neben einer Rechtsschutzversicherung ist eine Haftpflichtversicherung unabdingbar. Auch hier sollten deliktunfähige Personen miteingeschlossen sein. Die IDEAL PrivatHaftpflicht kann als Single- oder Familientarif abgeschlossen werden. Im Singletarif besteht für den Versicherungsnehmer Versicherungsschutz. Im Familientarif sind neben den Kindern und dem Partner unter bestimmten Voraussetzungen sogar die Eltern, Großeltern und Enkel mitversichert.

Titelbild: © romrodinka/iStock.com

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