Eine junge Ärztin, die sich mit einer pflegebedürftigen Frau unterhält

Begutachtung der Pflegebedürftigkeit: Pflegetagebuch als Vorbereitung

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Egal ob kurzfristig oder schon lange absehbar – eine Pflegebedürftigkeit bei den engsten Familienmitgliedern hat nachhaltige Auswirkungen und sorgt oft für Probleme. Um Angehörige zu entlasten, gibt es im Rahmen der Pflegegrade umfangreiche Leistungen der Pflegekasse. Es müssen einige Bedingungen erfüllt sein, um diese in Anspruch nehmen zu können. Außerdem gibt es Variablen und auch Vorbereitungen, die Angehörige im Auge haben müssen. Hier ist ein ausführlicher Blick auf die Rahmenbedingungen sehr wichtig.

Pflegegrad beantragen

Um für eine pflegebedürftige Person einen Pflegegrad und Leistungen der Pflegekasse zu erhalten, muss ein Antrag gestellt werden. Jedoch nicht erst, wenn die Person kaum noch durch den Alltag kommt. Sobald Angehörige den Eindruck zunehmender Hilfsbedürftigkeit haben, sollte über einen solchen Antrag nachgedacht werden. Vor der Antragstellung muss sichergestellt sein, dass die pflegebedürftige Person mindestens zwei Jahre innerhalb der letzten zehn Jahre in die soziale Pflegeversicherung eingezahlt hat. Erst dann kann der Antrag gestellt und bearbeitet werden.

Der Antrag auf Pflegeleistungen wird bei der Pflegekasse der pflegebedürftigen Person gestellt. Es reicht in vielen Fällen aus, den Antrag an die entsprechende Krankenkasse zur Weiterleitung an die Pflegekasse zu schicken. Privatversicherte müssen sich für die Antragstellung an die private Pflegeversicherung wenden. Grundsätzlich kann der Antrag formlos per Telefon, Mail, Fax oder Brief eingereicht werden. Hierfür können auch Vorlagen genutzt werden. Die betroffene Person sollte den Antrag selbst stellen – ist sie dazu nicht fähig, kann ein Bevollmächtigter oder Betreuer den Antrag in ihrem Namen stellen.

Feststellung Pflegebedürftigkeit

Um die Pflegebedürftigkeit und den entsprechenden Pflegegrad zu bestimmen, setzen die Pflegekassen ein persönliches Gutachten ein. Dieses entscheidet über Pflegebedürftigkeit und Pflegegrad. Außerdem wird bestimmt, in welchem Umfang den Angehörigen Pflegeleistungen zustehen. Normalerweise übernimmt die Erstellung eines Gutachtens ein Mitarbeiter des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung. Bei Privatversicherten erfolgt die Erstellung durch den Dienst Medicproof.

Pflegebegutachtung – Vorbereitungen und Ablauf

Nach der Antragstellung vereinbart der Gutachter einen Termin zum Besuch zuhause – die sogenannte Pflegebegutachtung. So kann er sich ein Bild davon machen, wie die häusliche Pflege und das Umfeld aussehen. Gleichzeitig kann er einschätzen, wo Hilfe benötigt wird. Es ist empfehlenswert, auch Angehörige oder Freunde der pflegebedürftigen Person dabei zu haben. So können die Fragen des Gutachters ausführlich beantwortet werden. Bei dem Termin müssen auch Unterlagen vorgezeigt werden. Am besten werden Kopien erstellt, die der Gutachter mitnehmen kann. Die folgenden Unterlagen können eingefordert werden:

  • Arzt- und Krankenhausberichte
  • Medikationsplan
  • Pflegedokumentation des betreuenden Dienstes
  • Bescheide anderer Sozialleistungsträger
  • Pflegetagebuch

Im Gespräch mit dem Gutachter können Angehörige und Freunde erklären, welche Einschränkungen und Herausforderungen im Alltag bestehen. Hilfreich kann hier auch die Teilnahme einer Person sein, die bereits Pflege leistet. Zudem kann die Begutachtung auch dazu dienen, Hilfsmittel oder zusätzliche Maßnahmen zu bestimmen, um den Alltag weiterhin selbstständig zu absolvieren. Um alle Inhalte und Fragen ausreichend abdecken zu können, bleibt der Gutachter meistens bis zu einer Stunde zu Besuch.

Um den Pflegegrad korrekt einschätzen zu können, kommt das sogenannte Begutachtungsinstrument zum Einsatz. Dieses orientiert sich an Fragen im Hinblick auf den Alltag der pflegebedürftigen Person. Anhaltspunkt ist bei der Beantwortung ein sogenannter Pflegebedürftigkeitsbegriff, der sich auf Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit konzentriert. Weiterführende Informationen zum Begutachtungsinstrument und den Pflegegraden finden Sie auch in unserem Beitrag Pflegegrade – Geldleistungen und Sachleistungen im Überblick.


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Pflegetagebuch: Nutzen und Inhalte

Um die Begutachtung der Pflegebedürftigkeit von Angehörigen durch den Medizinischen Dienst vorzubereiten und nachvollziehen zu können, wurde das sogenannte Pflegetagebuch eingeführt. Es unterstützt sowohl Pflegebedürftige als auch deren Angehörige dabei, ihren Pflegebedarf zu ermitteln und sich die Situation vor Augen zu führen.

  • Wie selbstständig kann der Alltag bewältigt werden?
  • Welche Tätigkeiten können noch eigenständig durchgeführt werden?
  • Welche Aufgaben benötigen wie häufig Unterstützung?

Ähnliche Fragen werden auch im Rahmen der Pflegebegutachtung gestellt. Eine Vorbereitung mit dem Pflegetagebuch ist daher ratsam.

Ein Pflegetagebuch ist in vielen Situationen sinnvoll. Besonders dann, wenn ein Angehöriger pflegebedürftig ist und Leistungen der Pflegekasse in Anspruch genommen werden sollen, aber noch kein Pflegegrad beantragt wurde. Hier kann das Pflegetagebuch eine entscheidende Vorbereitung sein. Doch auch bei einem bereits bestehenden Pflegegrad ist das Pflegetagebuch hilfreich. Zum Beispiel wenn eine höhere Einstufung beantragt oder zusätzliche Leistungen der Pflegekasse in Anspruch genommen werden sollen.

Das Pflegetagebuch wird bestenfalls über einen längeren Zeitraum geführt. Oft sind viele Tage unterschiedlich, mal besser und mal schlechter. Um ein eindeutiges Bild der aktuellen Situation zu bekommen, sollte ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen eingeplant werden. Je länger der Zeitraum, desto besser die Einschätzung.

Während dieser Phase sollte die im Pflegetagebuch enthaltene Selbsteinschätzung mehrfach wiederholt werden, um die Angaben dort zu ergänzen oder zu korrigieren. Außerdem ist es wichtig, Besonderheiten im Tagesverlauf festzuhalten. Manche Aufgaben sind für Pflegebedürftige beispielsweise abends schwerer selbstständig zu erledigen als morgens. Auch die minutengenaue Erfassung der Unterstützung durch Angehörige und Freunde kann helfen, den Umfang der benötigten Unterstützung durch die Pflegekasse einzuschätzen.

Pflegegrad Einstufung: Widerspruch begründen und einreichen

Wer mit dem festgestellten Pflegegrad nicht einverstanden ist, kann gegen den Bescheid Widerspruch einlegen. Hierzu sollten einige formale Regeln beachtet werden. Auch die Gründe für den Widerspruch sollten genau überprüft werden. Häufig legen Angehörige Widerspruch ein, wenn laut Pflegekasse kein Anspruch auf einen Pflegegrad festgestellt wird. Denn selbst eine Einstufung in den Pflegegrad 1 kann sich bereits aus verschiedenen Gründen lohnen und den Alltag erleichtern. Besonders, wenn nur einzelne Punkte den Bescheid noch kippen können, kann ein Widerspruch sinnvoll sein. Wichtig ist in jedem Fall, dass der Widerspruch begründet werden kann.

Zur Vorbereitung auf einen Widerspruch müssen die Gründe genau analysiert werden. Wichtig ist, auf Formfehler beim Bescheid zu achten. Diese Fehler können einen Widerspruch möglich machen:

  • Das Ergebnis wird nicht begründet, es liegt keine Kopie des Gutachtens bei
  • Die Maximaldauer der Bearbeitungszeit (25 Tage) wurde überschritten
  • Der Absender wurde nicht genannt
  • Gibt es keine Originalunterschrift, muss der Hinweis auf einen maschinell erstellten Massenbescheid vorhanden sein
  • Rechtsgrundlage und Rechtsbehelfsbelehrung müssen genannt werden

Nicht jeder einzelne Punkt muss ausschlaggebend sein. Allerdings können Details in der Summe viel bewirken. Pflegefachkräfte oder Pflegeberater können bei der Erstellung des Widerspruchs zu Rate gezogen werden. Die Frist für einen Widerspruch gegen den Bescheid der Pflegeversicherung beträgt nur vier Wochen. Schnell handeln ist also essenziell.

Es kann aus Zeitgründen Sinn machen, erst einen unbegründeten Widerspruch einzulegen. Die Begründung kann dann nachgereicht werden. Nach dem Eingang des Widerspruchs hat die Pflegeversicherung drei Monate Zeit, um darauf zu reagieren. Je nach Sachgrundlage wird der Bescheid im Anschluss korrigiert oder ein Termin für eine Wiederholungsbegutachtung ausgemacht.

Titelbild: © fizkes/ iStock.com

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