Eine Hand mit Tabletten

Medikamentenmissbrauch – die heimliche Sucht

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Wer in der Arbeit eine Verschnaufpause zwischendurch benötigt, gönnt sich bekanntlich gern mal einen Kaffee oder ein Stückchen Schokolade. Manchen reicht das nicht. Rund 700.000 Beschäftigte in Deutschland nehmen leistungssteigernde oder stimmungsaufhellende Medikamente ein, um ihre Arbeit wunschgemäß erledigen zu können. Laut der DAK-Analyse „Update: Doping am Arbeitsplatz“ nutzen viele Beschäftigte die Arzneien auch, um nach der Arbeit noch Energie für Privates zu haben. Viele dieser Medikamente machen jedoch süchtig. Ab wann die Rede von Abhängigkeit ist und was Sie gegen Medikamentenmissbrauch unternehmen können, erfahren Sie in diesem Beitrag.

Wann spricht man von Medikamentenmissbrauch

Rund 1,5 Millionen Menschen in Deutschland sind laut Schätzungen von Experten medikamentenabhängig. Zwei Drittel davon sind Frauen. Vor allem ältere Menschen sind betroffen, das gilt für Frauen und Männer gleichermaßen. Vier bis fünf Prozent der meistverschriebenen Präparate besitzen Suchtpotenzial. Allen voran Beruhigungs-, Schlaf- sowie Schmerzmittel.

Viele Betroffene sind sich ihrer Medikamentenabhängigkeit nicht bewusst. Solange ein Arzt die Medizin verschreibt, wird sie als Teil einer notwendigen Therapie betrachtet. Ein Missbrauch liegt vor, sobald das Arzneimittel anders als vom verschreibenden Arzt vorgesehen eingesetzt wird. Darunter fällt, wenn ein Medikament länger als benötigt, in zu hoher Dosierung oder ohne medizinische Notwendigkeit eingenommen wird. Das Absetzen kann dann zu körperlichen und psychischen Entzugserscheinungen führen. Wenn letztere auftreten, spricht man von einer Medikamentensucht. Diese stellt sich meist schleichend ein und wird oftmals erst spät entdeckt.

Medikamente mit größtem Suchtpotenzial

  • Benzodiazepine und deren Analoga: In therapeutischen Dosen kann nach zwei bis vier Monaten eine Abhängigkeit entstehen, sehr hoch dosiert bereits nach vier Wochen. Alle Arzneimittel mit dem Wirkstoff sind verschreibungspflichtig. Daher sollten Kunden dabei besonders sorgfältig auf die Dauer der Verordnung achten.
  • Barbiturate werden heute hauptsächlich nur noch als Antiepileptika verwendet. Bereits bei geringen Dosen löst der Wirkstoff Euphorie aus und macht Patienten lebhafter und wacher. Abhängige nehmen deshalb schon frühmorgens einige Schlaftabletten mit Barbitursäurederivaten ein, um auf Trab zu kommen.
  • Opiate und Opioide müssen meistens auf einem Betäubungsmittelrezept verschrieben werden. Die Gefahr eines Missbrauchs ist in der kontrollierten Schmerztherapie umstritten. Daher sollte bei der Verordnung sorgfältig auf Indikation, Dosierung und Dauer geachtet werden. Wird das Medikament über zu lange Zeit oder in zu großen Mengen eingenommen, führen insbesondere stark wirkende Mittel zur Abhängigkeit.
  • Stimulanzien (Methylphenidat, Modafinil, Amfepramon, Cathin, Phenylpropa- nolamin, Ephedrin) bergen die Gefahr, missbräuchlich als Appetitzügler, Wachmacher oder Hirndoping verwendet zu werden. Zusätzlich können diese Mittel eine Abhängigkeit zur Folge haben.
  • Kopfschmerz- und Migränemittel: Medikamente dieser Gruppe können auf Dauer arzneimittelverursachten Kopfschmerz auslösen und sollten daher maximal drei Tage hintereinander und höchstens fünfzehn Tage pro Monat zum Einsatz kommen.
  • Nicht-verschreibungspflichtige Hypnotika (H1-Antihistaminika wie Diphenhydramin und Doxylamin): In der Selbstmedikation sollten Kunden diese Mittel nicht länger als zwei Wochen anwenden. Ansonsten können Sie in eine Abhängigkeit geraten, die bei Einnahmestopp eine Absetzschlaflosigkeit auslöst.
  • Abführmittel werden häufig zur Gewichtsreduktion missbraucht. Daher ist besondere Aufmerksamkeit geboten, wenn Mädchen oder junge Frauen häufig Abführmittel einkaufen.
  • Entwässerungsmittel (Duiretika) sind typische vom Arzt verschriebene Mittel zur Behandlung von Ödemen oder Hypertonie. Allerdings kommen sie zuweilen als Doping beim Bodybuilding zum Einsatz.
  • Vasokonstriktorische Rhinologika: Nasentropfen oder -sprays mit abschwellender Wirkung, führen nach einer Anwendung, die länger als fünf bis sieben Tage dauert, relativ rasch zu einem Rebound. Die Nasenschleimhaut schwillt reflektorisch stark an, was eine monate- oder sogar jahrelange Verwendung dieser Mittel nach sich zieht. Auf Dauer nimmt die Funktion der Schleimhaut Schaden davon.
  • Alkoholhaltige Arzneien wie Geriatrika, Erkältungssäfte oder Melissengeist können bei Missbrauch eine Alkoholabhängigkeit unterstützen bzw. erneut hervorrufen.

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Medikamentenmissbrauch: Ein schleichender Prozess

Eine Medikamentensucht beginnt oft ganz harmlos – der Arzt verschreibt ein rezeptpflichtiges Medikament und vernachlässigt den Patienten auf das Suchtpotenzial hinzuweisen. Der Patient selbst setzt das Medikament missbräuchlich zu lange, zu häufig oder zu hoch dosiert ein, weil er beispielsweise die psychische Wirkung schätzt. Besonders gefährdet sind Menschen, die über längere Zeit an diffusen, nicht greifbaren Symptomen leiden, die nicht behoben werden können. Der Arzt sieht häufig keine andere Möglichkeit, als weiterhin Schmerz- und Beruhigungsmittel zu verschreiben. Oftmals liegt darunter eine psychische Erkrankung wie eine Depression verborgen, die nicht ausschließlich durch höhere Medikation behandelt werden kann. Aufgrund der vielen Aufklärungsarbeit zum Thema Medikamentensucht ist es heute üblich, riskante Arzneien maximal für einige Wochen zu verschreiben. Manche Patienten umgehen diese Sicherheitsmaßnahmen, indem sie regelmäßig den Arzt wechseln.

Medikamentenmissbrauch im Alter

Mit den Lebensjahren steigt oftmals die Zahl der Erkrankungen. So nehmen Menschen im fortgeschrittenem Lebensjahr tendenziell mehr Medikamente ein. Wer gleichzeitig an Diabetes, Grauem Star, hohem Blutdruck und Schlafstörungen leidet, besitzt eine umfangreiche Medikamentenliste. Nicht nur das Missbrauchs- und Suchtrisiko steigt dadurch, es kann zudem zu Wechselwirkungen zwischen den Arzneimitteln kommen. Die veränderten Stoffwechselfunktionen tragen im Alter dazu bei, dass Medikamente langsamer abgebaut werden. Das ist bei der Dosierung unbedingt zu beachten, wird aber häufig übersehen.

Mögliche Folgen von Medikamentenmissbrauch

Die Symptome einer Medikamentensucht treten erst dann auf, wenn der Patient die entsprechenden Arzneimittel für eine gewisse Zeit nicht mehr oder in zu geringer Dosis einnimmt. Oftmals wird dem Betroffenen sowie Angehörigen in diesen erst klar, dass es sich um eine Abhängigkeit handelt. Zu den körperlichen Symptomen zählen Gleichgewichts-, Bewegungs-, Konzentrations- und Sprachstörungen. Zudem können Organe wie Magen, Leber oder Nieren einen Schaden davontragen. Eine Überdosierung von Schmerzmitteln kann sogar zu Atemlähmungen führen. Seelische Folgen können Interessenlosigkeit und Abflachen der Gefühle sein, bis hin zu Persönlichkeitsveränderungen. Außerdem ist es möglich, dass Stimmungsschwankungen, Gedächtnisstörungen, paradoxe Reaktionen, Depressionen und Ängste auftreten.

Prävention mit Hilfe der 4-K-Regel

Auf den Seiten der Drogenbeauftragten der Bundesregierung gibt es zur Prävention von Medikamentenmissbrauch eine Empfehlung, die nicht nur für Ärztinnen und Ärzte, sondern auch für Patientinnen und Patienten gilt. Mit dieser Orientierungshilfe soll das Abhängigkeits- und Missbrauchspotential reduziert werden:

4 K Regel

Frühzeitig Hilfe suchen bei Verdacht auf Medikamentensucht

Wer den Eindruck hat, von Medikamenten abhängig zu sein, sollte sich so früh wie möglich professionell beraten lassen. Viele Betroffene fürchten die Suchttherapie, da sie Angst vor Entzugserscheinungen haben. Diese werden aber nach Möglichkeit medikamentös unterdrückt. Zusätzlich werden auch alternative Methoden wie Akupunktur und Gesprächstherapie zur Aufklärung eingesetzt. Wer eine erste anonyme Beratung und Information zu Suchthilfe wünscht, kann sich an die bundesweite Sucht & Drogen Hotline wenden. Nicht nur Betroffene, auch Angehörige, Freunde und Kollegen finden dort fachkundigen Rat. In ganz Deutschland gibt es mehr als 1400 ambulante Suchtberatungsstellen und 800 stationäre Suchthilfeeinrichtungen. Die Datenbank der Deutschen Hauptstelle für Suchtanfragen hilft Ihnen bei der Suche vor Ort und enthält stets aktuell alle wichtigen Informationen zu Hilfsangeboten und Einrichtungen.

Titelbild: © 10174593_258 / iStock.com

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