Zwei Gesichter der selben Person. Auf der linken Seite ein freudiger Gesichtsausdruck, auf der rechten Seite eine Reflektion, die nachdenklich aussieht.

Bipolare Störungen – Eine affektive Störung erkennen und behandeln

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Eine Depression ist eine ernstzunehmende psychische Erkrankung, die den Alltag in vielerlei Hinsicht belastet. Doch in manchen Fällen gesellen sich zu den allgemein bekannten Symptomen der Depression auch noch weitere Nebensymptome hinzu, die Erkrankte zunächst verunsichern. Bin ich depressiv, auch wenn ich extreme Hochgefühle und energiegeladene Episoden empfinde? Wenn diese Phasen nicht kontrolliert werden können und der Bezug zur Realität immer mehr schwindet, könnte eine bipolare Störung vorliegen.

Was versteht man unter einer bipolaren Störung

Die bipolare affektive Störung ist auch als „manisch-depressive Störung“ bekannt, da Betroffene sowohl depressive als auch manische (übertrieben heitere) Phasen erleben. Zwischen diesen Phasen kann der Gemütszustand ausgeglichen sein. Die bipolare Störung tritt im Schnitt in jüngeren Jahren häufiger als die reine Depression auf. Das mittlere Erkrankungsalter beim Auftreten der ersten Episode liegt zwischen dem 17. und 21. Lebensjahr. Männer und Frauen erkranken etwa gleich häufig.

Eine Manie ist das Gegenteil einer Depression und kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Zu den Symptomen gehören zum Beispiel sich großartig fühlen, rasende Gedanken sowie Frustration und Reizbarkeit. In manchen Fällen kommt es auch zu Halluzinationen oder Wahnvorstellungen.

Sind Stimmungsschwankungen automatisch bipolare Störungen?

Die bipolaren Störungen zählen zur Obergruppe der affektiven Störungen. Für die Diagnosestellung muss der Patient jeweils mindestens eine manische und eine depressive Episode durchlebt haben. In den meisten Fällen bedeutet das nicht, dass die Stimmung der Betroffenen innerhalb eines Tages schwankt. Eher ist es so, dass die Betroffenen länger andauernde Episoden haben, die von einer dieser beiden Stimmungsextreme geprägt sind.

So können Patienten mit einer bipolaren Störung über Monate hinweg depressiv sein, aber es können ebenso manische Episoden auftreten, die über Wochen bis Monate andauern. Ausnahme hiervon sind Patienten mit einem sogenannten Rapid Cycling. Hierbei kommt es innerhalb von wenigen Tagen zu Schwankungen zwischen dem einen und dem anderen Extrem.

Ursachen der bipolaren Störung

Es wird davon ausgegangen, dass die bipolare Störung, im Vergleich zu anderen psychischen Erkrankungen, häufig familiär bedingt ist. Bei Menschen mit dieser Veranlagung können Stress und Konflikte extreme Stimmungsveränderungen auslösen. Es kommt zudem vor, dass bipolare Störungen fälschlicherweise als Depression, Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Aufmerksamkeits-Defizit-Syndrom mit Hyperaktivität (ADHS) oder Schizophrenie diagnostiziert werden.

Neben den genannten familiären, also biologischen, Faktoren spielen aber auch psychosoziale Faktoren bei der bipolaren Störung eine Rolle. Dadurch nimmt man an, dass die bipolare Persönlichkeitsstörung durch ein kompliziertes Zusammenspiel von Genen und Umweltfaktoren begünstigt wird. Kinder, bei denen ein Elternteil an einer bipolaren Störung erkrankt ist, erkranken mit zehnprozentiger Wahrscheinlichkeit ebenfalls an der manisch-depressiven Störung. Sind beide Elternteile betroffen ist eine Erkrankung beim Kind sogar zu 50 Prozent wahrscheinlich.


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Bipolare Störung, beeinflusst durch Neurotransmitter

Man geht davon aus, dass Neurotransmitter bei der bipolaren Störung eine große Rolle spielen. Diese Neurotransmitter sind als körpereigene Botenstoffe bekannt, die im Körper und Gehirn gewisse Reaktionen auslösen. Dazu gehören beispielsweise Serotonin, Dopamin und Noradrenalin. Bei einer bipolaren Störung sind die Verteilung und Regulation dieser Neurotransmitter gestört. Dieses Ungleichgewicht der Botenstoffe führt bei der bipolaren Störung zu einer Unausgeglichenheit der emotionalen Verfassung. Durch eine Behandlung mit Medikamenten werden ein Ausgleich und die kontrollierte Ausschüttung der Botenstoffe herbeigeführt. Dadurch kann sich die emotionale Beschaffenheit der Betroffenen regulieren und stabilisieren.

Bipolare Störung durch Lebensereignisse

Die Belastung durch sogenannte „life events“, also einschneidende Lebensereignisse, darf bei der Entwicklung einer bipolaren Störung nicht außer Acht gelassen werden. Diese Ereignisse sind für die jeweiligen Betroffenen individuell zu betrachten und können sich in verschiedenen Umständen äußern. Eine frühe Scheidung der Eltern oder andere Trauerfälle können hier eine Rolle spielen. Schwerwiegendere Fälle wie sexueller Missbrauch, körperliche Misshandlung oder Vernachlässigung belasten die Psyche schwer und sind, sofern vorhanden, vermutete Mitauslöser bei bipolaren Störungen. Besteht bereits eine genetische Vorbelastung oder ein Ungleichgewicht der Neurotransmitter, können psychische Belastungen auch im kleineren Rahmen wesentlich stärkere Auswirkungen haben, als es bei gesunden Menschen der Fall ist. Beziehungskonflikte, Stress im Job oder große Veränderungen wie ein Umzug belasten manisch-depressiv Erkrankte deutlich stärker.

Symptome und Erscheinungsformen der bipolaren Störung

Das Abwechseln der verschiedenen Gemütszustände beschreibt das typischste Symptom der bipolaren Störung. Unregelmäßige Schwankungen von depressiven Episoden im Wechsel mit manischen Phasen, in denen Erkrankte auffällige Stimmungshochs und Gereiztheit an den Tag legen, sind in den meisten Krankheitsbildern der bipolaren Persönlichkeitsstörung zu erkennen.  Die Betroffenen haben über mindestens eine Woche eine dauerhaft deutlich gehobene, überschwängliche oder gereizte Stimmung. Weitere Symptome sind: Größenwahn und deutlich gehobenes Selbstbewusstsein, ein deutlich verringertes Schlafbedürfnis, oftmals über Wochen mit nur 2-3 Stunden pro Nacht.

Hinzu kommt ein starker Rededrang. Das subjektive Gefühl, dass die Gedanken rasen. Vom Zuhörer wird dies als sogenannte Ideenflucht bemerkt. Hierbei springt der manische Patient scheinbar ohne Sinn und Verstand von einem Thema zum nächsten, der Zuhörer hat Schwierigkeiten, den Zusammenhängen zu folgen. Auch exzessives Geldausgeben, Glücksspiel oder sexuelle Umtriebigkeit sind mögliche „Nebenwirkungen“ einer Manie. Nicht selten verschulden sich Patienten, weil sie ihr Handeln nicht mehr objektiv beurteilen können.

Vier verschiedene Episodenarten machen die bipolare Störung aus. Depressive, manische, hypomanische und gemischte Episoden. Diese Episoden wechseln sich je nach Erscheinungsform der Krankheit ab und haben auch unterschiedliche Symptome, die es zu beobachten gilt.

Symptome der Episodenarten

Symptome depressive Episode

Die depressiven Episoden einer bipolaren Störung gleichen dem Krankheitsbild der Depression. Die Hauptsymptome umfassen dann gedrückte Stimmung, Interessenverlust, Antriebslosigkeit und Schlafstörungen. In schlimmeren Fällen kommen auch Schuldgefühle und Suizidgedanken in einer depressiven Episode einer bipolaren Störung hinzu. Körperlich können sich Schmerzen und Atemnot äußern, Appetitlosigkeit kann zu Gewichtsverlust während einer depressiven Episode führen.

Symptome manische Episode

Während einer manischen Episode sind Emotionen, Stimmungen und Reaktionen stark erhöht. Betroffene empfinden einen regelrechten energetischen Schub bei verringertem Schlafbedürfnis und sind entweder auffällig euphorisch oder auch stark gereizt. Zusätzlich lassen sich folgende Symptome der manischen Episode zuordnen:

  • Starker Rededrang und Kontaktfreudigkeit
  • Gedankenrasen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Sprunghaftigkeit und Impulsivität
  • Selbstüberschätzung
  • Leichtsinnigkeit

Während einer manischen Episode können zusätzlich psychotische Symptome auftreten. Dies ist bei zwei Drittel aller bipolar Erkrankten der Fall. Größenwahn, Halluzinationen und Verfolgungswahn ergänzen in diesem Fall das Erscheinungsbild der manischen Phase.

Symptome hypomanische Episode

Bei manchen Betroffenen sind die manischen Symptome bei einer bipolaren Störung weniger stark ausgeprägt. In diesem Fall spricht man von Hypomanie. Stark ausgeprägte manische Verhaltensweisen, wie Selbstüberschätzung und Leichtsinnigkeit treten in diesem Fall nicht oder sehr gering auf. Was bleibt sind die milden Formen der Symptome, wie beispielsweise Konzentrationsschwierigkeiten.

Symptome der gemischten Episode

Gemischte Phasen treten bei bipolaren Störungen eher selten auf. Sie sind von einer Mischung oder einem rasanten Wechsel der depressiven und (hypo-)manischen Symptome gekennzeichnet. Innerhalb weniger Stunden schwankt das Erscheinungsbild bei Erkrankten hin und zurück. Eine gemischte Episode wird allerdings erst als solche bezeichnet, wenn beide Symptomarten in einem Zeitraum von mindestens zwei Wochen gleichermaßen im Wechsel stetig auftreten.

Erscheinungsformen der Bipolaren Störung

Während der unregelmäßige Wechsel von Stimmung und Emotionen das Krankheitsbild der bipolaren Störung klassisch umfasst, gibt es auch innerhalb der manisch-depressiven Erkrankung mehrere Erscheinungsformen.

Bipolar-I-Störung

Die Bipolar-I-Störung ist durch einen Wechsel von Depression und Manie gekennzeichnet. Mindestens zwei Wochen lang wird das Stimmungsbild von der depressiven Episode bestimmt. Danach setzt eine manische Episode ein, die mindestens sieben Tage anhält. Die manische Phase ist bei dieser Erscheinungsform der bipolaren Störung stark ausgeprägt.

Bipolar-II-Störung

Depressive Episoden werden durch hypomanische Episoden unterbrochen. Die Mindestdauer der Hypomanie beträgt vier Tage. In dieser Zeit erfahren Betroffene verstärkte Konzentrationsschwierigkeiten, sind aber weniger anfällig für Selbstüberschätzung und riskantes Verhalten, wie es bei der Manie oft der Fall ist.

Rapid Cycling

Wechseln sich depressive und manische Episoden ungewöhnlich schnell ab, spricht man vom Rapid Cycling innerhalb der bipolaren Störung. Vor allem Frauen sind von diesem Erscheinungsbild betroffen. Innerhalb von zwölf Monaten müssen mindestens vier voneinander abgrenzbare Episoden auftreten, um von einem Rapid Cycling sprechen zu können.

Zyklothymia

Dieses Erscheinungsbild wird teilweise zu den anhaltenden affektiven Störungen gezählt. Das ist dem weniger stark ausgeprägten Symptombild der Störung zu verdanken. In einem Zeitraum von mindestens zwei Jahren empfinden Betroffene eine instabile Stimmung. Dabei grenzt diese Instabilität aber nicht an die Kriterien einer vollen Manie oder mittelgradigen depressiven Episode. Dies unterscheidet das Erscheinungsbild von den anderen bipolaren Störungen.

Diagnose einer Bipolaren Störung

Die Diagnose ist vor allem dann schwer zu stellen, wenn Betroffene bisher noch keine manische Phase erlebt haben. Es ist daher nicht ungewöhnlich, dass es bei manchen Menschen Jahre dauert, bis sie die richtige Diagnose erhalten. Depressiv Erkrankte, die sich bereits in Behandlung befinden und die genannten Stimmungsschwankungen erleben, sollten sich daher an die Personen ihres Vertrauens wenden. Sei es die hausärztliche Praxis oder die bereits vorhandene psychiatrische Betreuung. Circa drei Prozent der Bevölkerung sind von bipolaren Störungen betroffen.

Im Falle der Erkennung einer bipolaren Störung hilft auch die Einschätzung von Angehörigen. Ist die Anamnese und Befragung des Patienten mithilfe eines klinischen Fragebogens durch das betreuende Ärzteteam vollbracht, können Familie und Freunde zusätzliche Anhaltspunkte für eine bipolare Störung geben. Vor allem da der Wechsel der depressiven und manischen Episoden möglicherweise für Erkrankte als normal empfunden wird, macht die Beobachtung von außen durch nahestehende Bezugspersonen bei einer schnelleren Diagnose den Unterschied.

Behandlung der bipolaren Störung

Wurde eine bipolare Störung erfolgreich festgestellt wird ein angemessener Therapieplan mit dem Patienten und den Angehörigen bestimmt. In den meisten Fällen bedient sich die Behandlung der bipolaren Störung den gleichen Mitteln wie bei der klassischen Depression. Innerhalb der verschiedenen Phasen der bipolaren Störung wird mit Akutbehandlung und Phasenprophylaxe gearbeitet:

  • Akutbehandlung: Während einer akuten Krankheitsphase werden aktuelle depressive oder (hypo-) manische Symptome kurzfristig gemildert.
  • Phasenprophylaxe: Langfristige Reduktion oder vollständige Vermeidung von affektiven Episoden.

In beiden Behandlungsphasen verspricht eine Kombination aus psychotherapeutischen und medikamentösen Behandlungsarten den größten Erfolg. Medikamente sind nicht nur für den Stimmungsausgleich in akuten Phasen essenziell, sondern verringern auch manische und depressive Symptome und das Suizidrisiko. Die unterstützende psychotherapeutische Behandlung beeinflusst darüber hinaus den Krankheitsverlauf der bipolaren Störung positiv. Allerdings müssen Patienten auch gewillt sein, die Behandlung wahrzunehmen. Bei einer bipolaren Störung empfinden Patienten die manischen Episoden aufgrund der gesteigerten Stimmung teilweise als angenehm und möchten im Umkehrschluss nicht auf dieses Hoch verzichten.

Prognose für bipolare Störungen

Je nach Krankheitsbild belastet die bipolare Störung die Betroffen mehr oder weniger stark. Dennoch bleibt die Frage für viele: Ist eine bipolare Störung heilbar? Die aufgeführten Behandlungsarten helfen, die Auswirkungen der bipolaren Störung besser zu navigieren. Auch eine Milderung der Symptome ist durch eine Behandlung möglich. Eine langfristige und endgültige Heilung der bipolaren Störung ist allerdings bis heute noch nicht einwandfrei gesichert. Bei einigen Patienten werden die manisch-depressiven Episoden auch mit dem Alter schwächer oder treten nur noch selten auf. In den meisten Fällen begleitet die bipolare Störung die Erkrankten aber ein Leben lang.

Titelbild: © golubovy/ iStock.com

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